Musik

„JeKits – Jedem Kind Instrumente, Tanzen und Singen“

Dabei handelt es sich um ein kulturelles Bildungsprogramm in Grund- und Förderschulen des Landes Nordrhein-Westfalen. Durchgeführt wird das Projekt „JeKits 1-Instrumente“ von Herrn Donev aus der Musikschule Bünde.

Kultur und Schule
Im Rahmen des Projekts „Kultur und Schule“ findet die Musikprojekte „Blechbox“ statt:

Blechbox

„ Herr Falkenhagen, ich wünschte es wäre gestern!! Gestern standen wir auf der Bühne, haben Musik gemacht und alle Leute haben geklatscht. Nur für uns! Das war schön!“
So habe ich die Worte eines etwa 13 jährigen Mädchens im Kopf, das am Vortag gemeinsam mit anderen Mitschülern bei einem Auftritt des Schulposaunenchores „Blechbox“ mitgespielt hatte.
Die „Blechbox“ ist unseres Wissens ein einmaliges Projekt, bei dem derzeit 18 Schülerinnen und Schüler (SuS) einer Förderschule mit dem Förderschwerpunkt „Lernen“ ein Blechblasinstrument erlernen können und in einem Schulposaunenchor gemeinsam miteinander spielen.
Im Jahr 2006 gründeten der inzwischen verstorbene Musikpädagoge und Posaunenchorleiter Olaf Günther und ich, als Lehrer und Verfasser dieser Zeilen das Projekt. Wir erhielten dabei von Beginn an starke Unterstützung durch die Musikschule Bünde und Ihren Leiter Herrn Dittmar. Inzwischen übernimmt der Hornist und Musikschullehrer Svetoslav Donev den Part des Instrumentallehrers. Gefördert wird das Projekt durch die NRW-Landesförderung „Kultur und Schule“, sowie den Bünder „Lions-Club“. Im Jahre 2008 wurde das Projekt von der Landesregierung NRW (Kultur und Schule) ausgezeichnet. Bis heute arbeiten wir primär mit Material, welches von Olaf Günther eigens dafür hergestellt wurde.
Die Idee war und ist Kindern, die es aufgrund ihrer zum Teil besonderen Bedingungen und Sozialisation nicht kennen selber aktiv Musik zu machen, geschweige denn ein Instrument zu spielen, die Möglichkeit dazu zu geben.
Die meisten Schüler merken dann bei unserem Spielen schnell, dass hier etwas besonderes passiert und sie Dinge machen, von denen sie gar nicht vermutet hätten, sie jemals zu können: Musik als Ausdrucksmittel für eigene Gefühle zu entdecken, gemeinsam zu musizieren, und dabei mit dem eigenen Instrument trotzdem individuell und vor allem hörbar zu sein, gehört zu werden.
Es zeigen sich im Verlauf bei einzelnen Schülern immer wieder Fähigkeiten, die wir aus dem regulären Unterricht heraus nicht für möglich gehalten hätten.
Sicherlich stellt sich die Frage, warum man für solch ein Projekt gerade Blechblasinstrumente benutzt? Die Antwort ergibt sich u.a. genau aus den Gründen, die bis heute auch die Arbeit in den namensstiftenden, aus der evangelischen Tradition stammenden Posaunenchören so erfolgreich machen:
Blechblasinstrumente sind neben der eigenen Stimme die einzigen Klangerzeuger, deren Tongenerator Bestandteil des eigenen Körpers ist. Dadurch ergeben sich für den Spieler unmittelbare Erfahrungen und Möglichkeiten des musikalischen Ausdrucks. Und: Blechblasinstrumente sind laut! Gerade Jugendliche haben Spaß an der bei diesen Instrumenten möglichen Klangentfaltung. Der eigene Atem wird so zum klangstarken Ausdrucksmittel und setzt dabei Endorphine frei, die das „ich-kann-was“-Gefühl verstärken.
In der Praxis ist wichtig: Blechblasinstrumente sind immer und überall einsatzbereit! Sie sind transportabel, wetterfest und benötigen keine Steckdose. Auftritten bei Adventsmärkten oder Laternenumzügen steht damit nichts im Wege. Nicht zuletzt ist so ein Blechblasinstrument mit nur drei Ventilen sehr übersichtlich. Jedem Ventil ist dabei genau ein Finger zugeordnet und auch die Zugpositionen einer Posaune lassen sich leicht lernen.
Die Regeln des maßgeblichen Posaunenchorgründers Karl Friedrich Johannes Kuhlo sind für die Projektarbeit ebenfalls hilfreich:
Es werden nur Blechblasinstrumente in der Grundstimmung „B“ verwendet. Alle Stimmen werden „klingend“, also „in C“ notiert. Dabei wird für das Kleinblech der Violinschlüssel und für das Großblech der Bassschlüssel verwendet. In der Praxis ergibt sich dadurch eine Reihe von Vorteilen:
Die Grifftabelle ist für alle Instrumente gleich. Das schafft Klarheit und jeder kann bei Griffproblemen jedem helfen. Da alle verwendeten Instrumente die gleiche Spreizung der Obertöne aufweisen, fallen Intonationsmängel weniger auf. Der Klang „mischt“ sich besser. Ein weiterer Trumpf: Andere klingend notierte Instrumente wie Keyboard, E-Gitarre oder Bass können spontan mitspielen. Ein gemeinsames Spielen mit Anderen ist möglich.
Da es für viele unserer Schüler aufgrund verschiedenster Ursachen schwierig ist etwas durchzuhalten –deshalb fällt ihnen das Lernen ja so schwer- war und ist bis heute nicht alles eitel Sonnenschein! Die Arbeit mit dem Chor und die Ausbildung der Schüler ist häufig sehr langwierig. Oftmals stehen sich die Kinder selber im Weg und schaffen es zu Beginn einer Unterrichtsstunde nur schwer zur Ruhe zu kommen. Bei aufkommenden Schwierigkeiten versuchen einige den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen. Jedoch sind es letztlich genau diese Umstände, die die Durchführung des Projektes gegen die immer wieder aufkommenden Widerstände der SuS lohnenswert machen: Es geht darum ihnen beizubringen etwas durchzuhalten, auch wenn es schwierig wird. Dabei sollen sie jedoch individuell merken, dass sie etwas können. Die Freude über das eigene Können kommt spätestens nach dem nächsten Auftritt. Immer wieder, auch wenn danach die Mühle der Schwierigkeiten und des Durchhaltens neu beginnt.
Apropos Auftritte: Wir treten im kleinen Rahmen bei unseren eigenen Schulfesten, aber auch bei einigen Anlässen der Stadt Bünde wie dem Weltkindertag oder dem Weihnachtsmarkt auf. Ein Höhepunkt war im Jahr 2017 die Teilnahme an einer Revue, wo wir gemeinsam mit einem großen Schülerorchester spielen durften! Außerdem treten wir mit einfachen Liedbegleitungen bei diversen Schulgottesdiensten auf. Für uns bisher besonders bemerkenswert ist dabei die Bereitschaft unserer muslimischen SuS in diesen christlichen Gottesdiensten zu spielen: „Ist schon ok, wir spielen ja für Gott“. Respekt!

Markus Falkenhagen